Die Augen – Das Gehirn

Auge. Eines der feinsten Werke des Schöpfers. Die Sehfähigkeit kann an weit über hunderttausend verschiedenen Punkten ansetzen. In zwei Öffnungen des Schädels eingelassenes, hohles, kugelförmiges Organ. Mit einer sehr empfindlichen Netzhaut ausgekleidet. Das notwendigste Fenster für das Neugeborene. Anfangs kann das Kind in 6,3 Zentimetern Nähe sehen. Wer fünfzig wird, kann 40 Zentimeter sehen – sofern er durch die Schwäche der Presbyopie seine Fähigkeit nicht eingebüßt hat. Mit dem Auge nehmen wir die Schönheit der Natur in uns auf, finden unsere Richtung usw. Hast du dafür je dem Gott Dank gesagt, der dir ein so einzigartiges Organ gegeben hat? Hast du je im Gebet der Lage und des Bedarfs deines Mitmenschen gedacht, der mit beiden Augen blind ist?

Die Altvorderen sagten: „Es gibt Auge, es gibt Einsicht.“ Das heißt: Dinge werden sowohl mit dem Auge als auch mit dem Verstand erfasst. Wären doch alle Funktionen gesund, aufbauend, schöpferisch! Leider – unter den Teilen des Leibes treibende Augen, die zu erschütternden und zerstörenden Handlungen reizen. Die erste Sünde wurde durch den Impuls des Auges begangen, vom Verstand beschlossen: „Die Frau sah, dass der Baum schön war, seine Frucht zum Essen geeignet und begehrenswert, um Weisheit zu gewinnen. Sie pflückte die Frucht und aß. Sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und er aß“ (1. Mose 3,6). Das Gegenteil des obigen Sprichworts. Jesus Christus, der die Natur der Sünde am treffendsten beschreibt, sagte: „Die Leuchte des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Blick ungeteilt ist, so ist dein ganzer Leib im Licht. Wenn aber dein Blick böse ist, so ist dein ganzer Leib finster. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist – wie groß ist dann die Finsternis!“ (Matthäus 6,22–23). Außerdem sagt Christus: „Glückselig, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen“ (Matthäus 5,8).

Unsere Mutter Eva wurde durch ihr Auge in die Sünde gezogen und trieb ihren Mann zur gleichen Tat. Das Auge – eine der unvergleichlichen Gaben Gottes – ist jederzeit jeder Art von Übergriff ausgesetzt: Blicke, die den sexuellen Appetit peitschen, Habgier, Eifersucht, lüsternes Starren, begehrliches „Augenauf-etwas-werfen“, von Gier verfinsterte Augen, von Blut verhangene Augen, Blitze in den Augen, „weitäugige“ Raffgier, jemandem die Augen ausstechen, nicht auf die Tränen in jemandes Augen achten … Diese herzzerreißende Liste ließe sich endlos fortsetzen. Schlimmer als die fehlende leibliche Sicht ist die geistliche Blindheit. Jesus Christus vollbrachte viele Wunder am menschlichen Leib. Dabei schenkte er vielen Blinden das Augenlicht. Die religiösen Kreise jener Tage fuhren aus der Haut: Wir erfüllen das Gesetz buchstabengetreu – und er wirkt Wunder: Was soll das! Am Sabbat gab Jesus einem Blinden das Augenlicht. Die an den Buchstaben der Scharia geketteten Frommen stempelten ihn sogleich: „Dieser Mensch ist nicht von Gott; denn er hält den Sabbat nicht“ (vgl. Johannes 9). So machten sie Lärm, wollten den Sehenden zwingen zu sagen: „So etwas ist nicht geschehen.“ Seine Antwort war klar: „Eines weiß ich: Ich war blind, jetzt sehe ich.“ Jesus redete in einem Bild zu den Religionsleuten: „Wärt ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; nun aber sagt ihr: ‚Wir sehen‘ – darum bleibt eure Sünde“ (Johannes 9,41).

Die religiösen Leute jener Zeit irrten in geistlicher Blindheit und trieben das Volk, das sie beeinflussten, in erzwungene Blindheit. Jesus kannte ihr Inneres und Äußeres; er legte seinen Finger auf die Wunden: „Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerissen werden. Lasst sie! Sie sind blinde Blindenführer. Wenn aber ein Blinder einen Blinden führt, fallen beide in die Grube“ (Matthäus 15,13–14). Der lebendige Gott, der alles sieht, verlangt bewährte Hingabe: „Öffne mir die Augen, damit ich Wunder schaue aus deinem Gesetz … Meine Augen erlöschen vor Verlangen nach deinem Heil und nach der Rede deiner Gerechtigkeit“ (Psalm 119,18.123). Christus war auferstanden; doch die Seinen hielten Jesus noch für tot. In Wirklichkeit offenbarte er sich seinen Glaubenden mit verherrlichtem Leib. Am Abend des Auferstehungstags gingen zwei Jünger in ihre Ortschaft zurück. Einer gesellte sich zu ihnen. In tiefer Trauer besprachen sie die letzten Ereignisse, noch im Schock der Kreuzigung. In solcher Enttäuschung erkannten sie ihren Herrn nicht. Jesus machte ihnen klar, dass der Messias dies leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen musste, und legte ihnen die Worte der Propheten aus. „Bleibe bei uns“, sagten sie, „denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt.“ Jesus nahm die Einladung an. Sie setzten sich zu Tisch; er dankte, brach das Brot und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn (vgl. Lukas 24,13–35).

Christus ging über ihre leiblichen Augen hinaus, er öffnete die Augen ihres Inneren; sie begriffen, dass Jesus nicht tot im Grab lag; sogleich kehrten sie nach Jerusalem zurück und verkündeten mit tiefer Gewissheit die Auferstehung des Herrn. Wer in der leiblichen Sphäre lebt und dessen ganze Beziehung auf dieser Ebene spielt, kann die Wahrheiten Gottes nicht erfassen. Gott ist Geist; erkannt wird er nur dadurch, dass der Heilige Geist dem inneren Menschen Sicht schenkt. Der Glaube an ihn hebt die Seele in völlig unbekannte Stufen. Das ist die Grundschwierigkeit zahlloser Menschen. Durch Dinge, die das Auge sehen kann, durch Bräuche, durch Pilgerfahrten versucht man, Gott zu erfassen. Doch das Wort Gottes sagt: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Verkündigung vergeblich, vergeblich auch euer Glaube. Wir würden zudem als falsche Zeugen Gottes befunden; denn wir haben von Gott bezeugt, dass er Christus auferweckt hat. Wenn Tote nicht auferstehen, dann hat Gott auch Christus nicht auferweckt“ (1. Korinther 2,14–15).

Die leuchtende Tat Christi, der Blinden die Augen öffnete, ist, den geistlich Blinden Gott bekannt zu machen. Einer seiner Jünger, Philippus, bat: „Herr, zeige uns den Vater; so genügt es uns.“ Jesus sagte zu ihm: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen; wie kannst du sagen: Zeige uns den Vater?“ (Johannes 14,8–9). Das Wort Gottes, das Menschengestalt annahm, lenkt durch sein Sühnwerk die Seele zur göttlichen Liebe: Er sagt: „Wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat … Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“ (Johannes 12,45–46). „Die reinen Herzens sind, werden Gott schauen“ (Matthäus 5,8). Gott ist heilig; nur die Heiligen werden ihn sehen. Wer durch das Rettungswerk Christi vor Gott gereinigt ist, wer mit dankbarer Seele zu Gottes Gnade gelangt – das sind die, die anderen helfen können; die, die jenen, die den liebenden Gott nicht sehen, ihn nahebringen. Für den Sünder – ob religiös oder unreligiös – lautet das Urteil: „Ist unser Freudenbotschaft verhüllt, so ist sie denen verhüllt, die verloren gehen. Der Gott dieser Weltzeit hat den Sinn der Ungläubigen verblendet, damit ihnen nicht aufstrahle das Licht der Freudenbotschaft von der Herrlichkeit des Christus, der Gottes Ebenbild ist“ (2. Korinther 4,3–4).

Gesunde Hingabe an Gott steht über Religion–Brauch–Form. Das ist kein Menschenwerk, sondern das Öffnen der Augen durch den Heiligen Geist. Nicht nur die Augen, auch das Herz muss geöffnet werden. Blumen, die die Nacht in gebeugter, gekränkter Haltung verbringen, werden frisch und schön, wenn die Sonne die Umgebung erhellt. Geistliche Sicht geschieht dadurch, dass das Herz im Glauben Gott zugewandt wird und der universale Lichtträger Christus die Sündenfinsternis vertreibt. Lass ihn die Finsternis, die sich in dir eingenistet hat, zerstreuen; lass ihn dein Sehen und deine Seele öffnen, dich in Gottes Licht führen.

„Ich danke dir, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele sehr“ (Psalm 139,14). David feiert in diesem innigen Lied sein geheimnisvolles Dasein. Jedes Teil des Leibes ist ein unverwechselbares Werk des Schöpfers. Auch das Gehirn. Dieser einzigartige Schatz, der Zentren der Empfindung und des Bewusstseins birgt, wird im Schädel durch Häute geschützt. Zusammen mit der Wirbelsäule ist das Gehirn der wichtigste Teil des Nervensystems. Es wiegt 1,3 Kilogramm, ist rosagrau, geleeartig – das Zentrum von Wissen, Erfindung, Erinnerung. Der „Kontrollturm“, der Bewegung, Schlaf, Hunger–Durst – kurz: das Ganze der Funktionen – steuert. Das Gehirn, das einem höchst verschlungenen Netz gleicht, beherbergt über hundert Milliarden Adern. Würden wir die Arterien herauslösen und zu Faden machen, ergäbe sich ein Draht von 500 Millionen Kilometern – etwa ein Drittel der Entfernung zum Mond …

Liebe, Hass, Erregung, Reizbarkeit, Angst, Zorn, Freude – all diese Gefühle werden im Gehirn geformt und von hier aus gesteuert. Unablässig dechiffriert es zahllose Botschaften sowohl aus dem Leib als auch aus der Umwelt und gibt Anweisung, sie in Handlung umzusetzen. Es kann sich gleichzeitig mit mehreren Gedanken befassen. Es macht den Menschen empfindsam, gefühlvoll, vernünftig. Andererseits kann jede Störung sehr ernste Probleme hervorbringen. Radar, Computer, viele medizinische Geräte wurden nach dem Vorbild des Gehirns in Funktion gesetzt. Der „Computer“ des Gehirns nimmt allein von den Augen täglich ungefähr eine halbe Milliarde Bilder auf; er verarbeitet sie, setzt sie um – oder verwirft sie. Die Zellen im Gehirn sind eine Billion. Welch eine Vollendung!

Der Schöpfer schuf den Menschen in seinem Bild und in seinem Wesen. Er ist unbegrenzt, der Mensch begrenzt. Gott hat uns alle großzügig mit einem Teil seiner unbegrenzten Eigenschaften ausgestattet. Die Funktionen des Gehirns sind unzählig. Das Erinnerungsvermögen ist eines der wichtigsten. Gottes Erinnerungsvermögen ist grenzenlos. Er erinnert sich nicht nur an anfangslose Zeiten, sondern kennt gewiss auch die Ewigkeit. „Gott fordert das Vergangene wieder hervor“, sagt das heilige Wort (Prediger 3,15). Wenn von der Sünde des Menschen die Rede ist, sollte man bedenken, dass Gott sich an jede unserer Sünden, ob wichtig oder unwichtig, einzeln erinnert. Er weiß in einem Augenblick die Sünden aller Menschen aller Zeiten. Andernfalls wäre er nicht Gott. Wir erinnern uns an unsere Sünden in gewissem Maße. Vielleicht haben wir einen großen Teil vergessen oder beiseitegeschoben. Gott aber erinnert sich auch an unsere kleinste Sünde, und am Ende wird er jede mit der Klarheit des Tages vor uns ausbreiten und für alle Schuld Rechenschaft fordern. Er wird das Recht des Vergessenen einfordern.

Niemand wird dem gerechten Gericht Gottes entkommen. Wer sagt „Ich glaube an ihn“, halte dies im Sinn – auch wenn er die meisten seiner Sünden vergessen hat. Der sündige Adamssohn weidet seine Gedanken an Erinnerungen, die er für anziehend oder angenehm hält. Manches mag harmlos sein; doch die Ketten der Unreinheiten, die er nicht vergessen will, bereiten manch einem Verstand unablässig Lust: eine Rachegeschichte, die Kunst des Ausklügelns, jemandem das Käppchen abjagen oder ihm eines aufsetzen, am Spieltisch jemanden aufs Kreuz legen, sich im liederlichen Treiben austoben usw. Viele tragen solche unpassenden Erinnerungen wie eine Gebetskette im Kopf umher. Der gerechte Richter des Universums weiß alles, was geschieht, und sammelt es.

Das heilige Wort warnt den sündigen Menschen hierzu beständig: „Er offenbart Tiefes und Verborgenes; er weiß, was in der Finsternis ist, und bei ihm wohnt das Licht“ (Daniel 2,22). „Der ewige Gott, der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde und ermattet nicht; unergründlich ist sein Verstand“ (Jesaja 40,28). Wer kann die Tiefe dieses Verstandes erreichen? Dass der schwach bemessene, begrenzt sehende Adamssohn mit Gottes Offenbarung disputieren will, ist schlichte Vermessenheit. Nicht zugeben zu wollen, dass der Mensch mit einer ursprünglichen und ererbten Sünde in die Welt kommt und unter der Herrschaft der Sünde ringt, ist eine saloppe Herausforderung gegen Gottes Heiligkeit. Seiner Lehre über den Menschen kann man nicht ausweichen. Sowohl die göttliche Eingebung als auch die bösen Taten des Menschen bestätigen die Wahrheit.

Gott hat den Menschen mit herrlichen Eigenschaften geschaffen und uns alle mit einer einzigartigen Wissensquelle – dem Gehirn – ausgestattet. Die Sünde aber hat bis hin zum Verstand die ganze Persönlichkeit erfasst: „Der Gott dieser Weltzeit hat den Sinn der Ungläubigen verblendet“ (2. Korinther 4,4). Der Schöpfer hatte ein vollkommenes Wesen – wie er selbst – geschaffen. Er umgab ihn mit Reinheit. Der mit Schmutz behaftete Satan beneidete Gottes Meisterwerk; er beschmutzte Gottes makellose Kreatur im Denken und pflanzte ihm seine Verdorbenheit ein. Statt Heiligkeit setzte er Unreinheit. Das ist Gottes Urteil über die Sünde. Wer das nicht erkennt, müht sich mit verschlossenen Augen tastend seinen Weg zu wählen. Wer seinen Fall in dem von Gott dargelegten Umfang begreift, nimmt sein in Liebe bereitetes Rettungsmittel an. „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist“ (Römer 5,8).

Dem Menschen mit verwirrtem Sinn hat der Schöpfer seinen sündlosen Christus als Opfer–Retter–Weisheit gegeben. „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1,14). Der Sünder, der in Reue an Christus glaubt, wird in seinem Verstand mit seiner Weisheit ausgerüstet; er unterscheidet Heiliges vom Gemeinen und nimmt all das an, was man heilig nennen kann. Wer dem Begriff der Heiligkeit falsche, unpassende Bedeutungen aufklebt, entwürdigt ihn durch widersprüchlichen Gebrauch – etwa „heilige Freundschaft“, „heilige Aufgabe“, „heilige Arbeit“ usw. Eine so strahlende Gabe Gottes – das Gehirn – ist zum schmutzigen Hühnerstall geworden, in dem der Teufel herumtobt; ein Lager der Unreinheit. Das sündige Herz brütet niedrige Taten aus, und der Verstand treibt sie zur Ausführung. Dieses Meisterwerk ist zum Unterschlupf des Bösen geworden, zum Nest, in dem jede Art hässlicher Absicht bebrütet wird. Der Adamssohn, rein geschaffen wie Gott selbst, ist durch das Dazwischentreten der Sünde von der Bahn Gottes auf die Bahn des Bösen abgeglitten. Darum gibt es unzählige ungehörige, ungesunde Handlungen. Der Verstand, aus dem täglich die Entdeckungen stammen, ist auch das Lager der Taten, die Herzen brechen. Der Verstand des Menschen ist „eine Handbreit über dem Kopf“. Eine der ungesunden Eigenheiten des Verstandes ist, dass er der Demut keinen Raum lässt.

Das Urteil des heiligen Wortes ist klar und eindeutig: „Kein Geschöpf ist vor ihm verborgen; alles liegt nackt und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Hebräer 4,13). „Und wenn unser Herz uns verurteilt – Gott ist größer als unser Herz und erkennt alle Dinge“ (1. Johannes 3,20). Gottes einzigartige Gabe – Gehirn und Verstand – wird durch die vollkommene Reinigung des Retters Christus in einen Zustand versetzt, der ihm wohlgefällig ist: „Den festen Sinn bewahrst du in vollkommenem Frieden, denn er vertraut auf dich“ (Jesaja 26,3). Ungesunde, zerstörerische Gedanken kann der Verstand nicht aus eigener Kraft abwehren. Niemand ist stärker als der Teufel, der ihn angreift. Der Verstand braucht einen übernatürlichen Beschützer. Dazu die Ermutigung des Evangeliums: „Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus wie in einer Festung bewahren“ (Philipper 4,7).

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Munir Hanna ()